
Jahrzehnte nach Kriegsende finden derzeit die wahrscheinlich letzten Gerichtsverfahren gegen NS-Verbrecher statt. Wie kam es dazu, dass ehemalige SS Wachleute nun als Greise vor dem Jugendgericht stehen, die bis dahin weitestgehend von Polizei und Justiz unbehelligt leben konnten? Lange konnte die deutsche Justiz nicht der historischen Tatsache gerecht werden, dass der systematische Massenmord in Konzentrationslagern nicht durch einzelne, wenige Täter, sondern nur durch die Unterstützung von tausenden Mittätern begangen werden konnte. Es galt der sogenannte Einzeltatnachweis, der insbesondere durch Zeugenaussagen der KZ Überlebenden erbracht werden musste. Dabei war der juristische Grundstein für einen Paradigmenwechsel längst durch den Generalstaatsanwalt Fritz Bauer gelegt, der im historischen Frankfurter Auschwitz Prozess 1963 zum ersten Mal Angeklagte für Beihilfe zum Mord vor ein deutsches Gericht brachte.
Doch schon damals kam es, trotz umfassender Erkenntnisse zum industrialisierten Massenmord, nicht zu einer Prozessflut im Gegenteil: die Strafverfolgung von NS-Verbrechern nahm sogar ab.
Rund 60 Jahre später findet Fritz Bauers Erbe nun Anwendung.
Der Dokumentarfilm FRITZ BAUERS ERBE – GERECHTIGKEIT VERJÄHRT NICHT
zeigt anhand der jüngsten NS-Prozesse zum „KZ Stutthof in Münster (2018/2019) und
Hamburg (2020), wie sich Fritz Bauers Ansatz als neues Prinzip der Rechtsauffassung
in Deutschland etablieren konnte. Mit bewegenden und aufrüttelnden
Zeitzeugenberichten von Überlebenden, die in den Prozessen als Nebenkläger*innen
agieren, entfaltet der Film nicht nur eine faszinierende Geschichte darüber, wie die
Gerechtigkeit ihren Weg in die deutschen Gerichte fand, sondern veranschaulicht auch
die wegbereitende Bedeutung der heutigen Urteile als Mahnung für die Zukunft.
Deutschland 2022; Regie: Sabine Lamby, Cornelia Partmann, Isabel Gathof;
Länge: 98 min; Frei ab 12